De Fermo: Montepulciano d’Abruzzo Prologo 2019

Loreto Aprutino, Abruzzen
Rebsorte: Montepulciano d’Abruzzo

Kategorie: classicfunky – crazy

Stefano Papetti Ceroni – so der klingende Name des Winzers hinter dem Weingut De Fermo. Stefano stammt ursprünglich aus Bologna und seine Geschichte sucht mit Sicherheit ihresgleichen: Fasziniert von den Weinbeschreibungen in den Genuss-Zeitschriften seiner Mutter hat Stefano bereits mit 11 Jahren begonnen sich illegal Weinflaschen zuzulegen. Allerdings nicht um sie zu trinken, rein der Geruch hat ihn interessiert. Die Frage, die ihn damals antrieb: Stimmt das, was an bezaubernden Aromen in den Magazinen beschrieben wird? Seitdem lies ihn das Thema nicht los. Es folgten Weinreisen mit Freunden, eine Sommelier-Ausbildung – und dann doch ein Studium der Rechtswissenschaften. Sein Vater wollte, dass er etwas ordentliches lernt und das Thema Wein ist in Bologna, noch dazu ohne familiäre Grundlage, doch relativ weit entfernt. So blieb es erstmal beim Traum, eines Tages mit Wein arbeiten zu können.

Als er gemeinsam mit seiner Frau Eloisa de Fermo erstmals das Anwesen ihrer Vorfahren in den Abruzzen besucht hat, wurde Stefano quasi vom Blitz getroffen: Als magisch beschreibt er den ersten Anblick der Farm, seine zweite „Liebe auf den ersten Blick“ wie er selbst im Gespräch ausgeführt hat. 170 Hektar Land, Olivenbäume, Ackerbau – und 17 Hektar Wein. Das Anwesen seit dem zweiten Weltkrieg unbewohnt und heruntergekommen, einzig ein paar Bauern haben das Land bewirtschaftet und so für ein paar kleine Nebeneinkünfte der Familie de Fermo gesorgt. Stefano beginnt im Jahr 2007 an den Wochenenden regelmäßig die dreistündige Fahrt von Bologna auf sich zu nehmen und im Weingarten mitzuarbeiten. Einen Hektar Wein bewirtschaftet Stefano alleine, einfach, weil er wissen will wie man im Weingarten arbeiten kann und als Ausgleich zum stressigen Anwaltsleben in der Stadt. Durch absurde Wendungen kommt im Jahr 2009 ein alter Weinkeller im Anwesen zum Vorschein, von dessen Existenz niemand gewusst haben will. Und so keltert Stefano in den alten Betonbottichen seinen ersten Wein aus Montepulciano-Trauben. Er nennt ihn metaphorisch wie den Beginn seines neuen Lebens: Prologo.

Mehr und mehr seiner Zeit verbringt Stefano in den Abruzzen, ab 2014 übernimmt er nicht nur den gesamten Weinbau, sondern alle 170 Hektar der de Fermo-Farm. Unvorstellbar, doch dauert es tatsächlich noch zwei weitere Jahre, bis Stefano seinen gut bezahlten Anwalts-Job komplett an den Nagel hängt. Er hat ein Leben geführt wie Jekyll & Hyde meint Stefano heute. Jetzt, angekommen in seinem Traum, steht bereits der nächste vor der Tür. Das Weingut soll weiterentwickelt werden, gleichzeitig möchten Stefano und seine Frau Eloisa die Farm aber auch als eine Art Ausbildungszentrum für junge Erwachsene öffnen. Mit Aspekten der Landwirtschaft, Philosophie, Wirtschaft und natürlich dem Weinbau. Stefano „nur“ als Winzer zu bezeichnen ist eigentlich zu kurz gegriffen.

Weinfotos: © Wein für Wein;

Verkostungsnotiz
Dunkles, intensives Purpurrot. In der Nase erwartet uns – nach einigen Stunden (mind. 3-4) Zeit in der Karaffe, die dem Wein gut tun – ein Potpourri aus reifer, roter Frucht in Richtung Amarena-Kirsche, dazu auch dunklere Fruchtnoten in die Weichsel-Richtung. Ein Hauch ledrige Animalik dazu, eine schöne Portion flüchtige Säure – aber sehr schön eingebunden. Ordentlich Kräuterwürze in Richtung getrockneter, mediterraner Kräuter, auch etwas leicht reduktiv Senfiges. Abgerundet wird diese wunderbare Nase von etwas Steinmehl – oder wie Kady sagt „a bissal was staubiges“.  Bei aller Komplexität steht dennoch die reife, saftig-anmutende Frucht im Vordergrund. Am Gaumen sehr geradlinig – ordentlich junges, rustikales Tannin und Power, die aber sofort durch die Säure weitergeschoben werden. Da ist kein Schmelz, kein Gramm Fett, pure Struktur. Die Saftigkeit der Kirsche deutet an, was da in den nächsten Jahren noch kommen wird. Im unendlich scheinenden Abgang dann viel Kräuterwürze und ganz minimal Holzeinsatz spürbar. Trinkfluss unendlich, aber für ultimativen Saft erst ab 2027 trinken!

9,4+/10

Punkte Kady

Gefällt mir schon sehr gut, wenn auch noch vieeeel zu jung. Diese kühle Eleganz gepaart mit mediterraner Wärme, wunderbar!

9,5+/10

Punkte Michael

Der Wein kämpft eindeutig noch mit seiner Jugend, aber das wird ganz groß. Jetzt schon extrem spannend & saftig!

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von De Fermo findet ihr in Österreich beim Weinhandel VorReither und in Deutschland bei der Freiheit Vinothek. Der Prologo 2019 kommt auf knapp 30€.

Das können wir noch empfehlen…
Wir lieben die Weine von De Fermo: Neben dem Prologo ist auch der Pecorino Don Carlino unglaublich schön, der Cerasuolo Le Cince ist ein traditioneller Montepulciano-Rosé & ebenfalls großartig. Der würzig-stoffige Chardonnay Launegild entspricht zwar nicht ganz unserem Geschmacksprofil, ist aber ebenso großartiger Wein. Und zum Einstieg gibt’s noch zwei Betontank-DeFermos in weiß und rot.

Podcast-Folge Nr. 145
Unsere Podcast-Folge zu Stefano Papetti Ceroni könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.