Johannes Zillinger: Parcellaire Blanc #1 2021

Velm-Götzendorf, Weinviertel
Rebsorte: Welschriesling & Chardonnay

Kategorie: classic – funky – crazy

Der Name Johannes Zillinger ist wohl in den meisten der über 30 Ländern, in die das Weingut heute exportiert, bekannter als im eigenen Land. Noch weniger weiß man, dass der Betrieb der Zillingers bereits seit 1984 biologisch-organisch zertifiziert ist. Als erster Betrieb im 800-Einwohner-Dorf Velm-Götzendorf im östlichen Weinviertel und unter großem Unverständnis der restlichen Dorfgemeinschaft. Aber warum hat Hans Zillinger, der Vater von Johannes 1984 plötzlich auf bio umgestellt? Dazu müssen wir etwas ausholen: Die Zillingers hatten damals eine gemischte Landwirtschaft und waren vor allem für ihre Schweinezucht in ganz Österreich und weit darübers hinaus bekannt – die Zillinger-Zuchtschweine waren bester Qualität und sehr gefragt. Doch dann kam eines Tages der Schicksalsschlag: Ein E. coli-Bakterienstamm hatte scih im Schweinestell eingenistet und als Antibiotika nicht mehr zu helfen schienen, stand die gesamte Zucht vor dem Ende. Für einen Schweinezüchter bedeutet das finanziellen und emotionalen Ruin. Die Abhilfe kam unverhofft: Ein alter Professor aus Deutschland, an den eines der letzten Zuchtschweine vergeben wurde, gab den Tipp es mit biologischen Mitteln zu versuchen – der pH-Wert des Schweinedarms solle in Ordnung gebracht werden. Das war der erste Berührungspunkt von Hans Zillinger mit biologischer Bewirtschaftung. Die Schweinezucht konnte gerettet werden und mutig wurde die gesamte Landwirtschaft umgestellt: Viehzucht, Ackerbau und natürlich auch Wein.

Johannes Zillinger ist also mitten in einem biologisch-organischen Betrieb aufgewachsen, im Ort wurde er dafür als Kind schon belächelt. Und doch hatte er schon als Jugendlicher erste Ideen, wie man da noch mehr machen konnte. Als junger Erwachsener war nach absolvierter Weinbauschule schnell klar, dass die Weingärten zwar unglaublich vital und lebendig waren – der Wein aber dennoch kaum von jenem des konventionellen Nachbarn zu unterscheiden war. Und für Johannes Zillinger war klar, dass er das ganz anders machen möchte. Als er dann eines Tages gemeinsam mit Michael Gindl (iykyk – natural freaks) aus dem Nebenort Hohenruppersdorf nach Georgien aufbrach, war die Lösung klar: Maischevergorene Weine, ohne Eingriffe. Und schon war ein Sattelschlepper georgischer Qvevris bestellt. Ein Jahr später konnte Johannes den Betrieb übernehmen, es folgte die radikale Umstellung von Reinzuchthefe auf Spontangärung, von Filtration auf unfiltrierte Naturweine – auch wenn der Begriff in Österreich damals noch weit von jeglicher Mode entfernt war. Schnell war klar, dass es im eigenen Land schwer wird die Weine zu verkaufen. Noch heute sind knapp 85% der Weine von Johannes im Export in über 30 Ländern zu finden. Und trotz 80% Kunden-Einbuße innerhalb der ersten 6 Monate konnte er sich durchsetzen und sich international einen Namen machen. Johannes Zillinger mag im eigenen Land manchmal unter dem Radar fliegen, international wird er als Prophet gefeiert. Und die Weine strahlen um die Wette!

Weinfotos: © Wein für Wein; Foto des Winzers: © Johannes Zillinger

Verkostungsnotiz
Im Glas ein sehr helles Strohgelb mit orangen Reflexen, recht eindeutig unfiltriert. Von Anfang an springt uns eine sehr klare Kräuternote in die Nase, sehr vielschichtig, ein Mix aus teeigen Anklängen, sommerlicher Kräuterwiese und Nelke. Unterlegt wird das Ganze von richtig saftigem gelbem Kernobst, irgendwo zwischen Apfel und Birne, was ordentlich Saftigkeit und Trinkfluss am Gaumen verspricht. Darüber liegt ein Hauch Steinmehl. Schon beim ersten Schluck ist dann klar: Der Wein hält zu 100%, was er verspricht. Richtig saftig, das Ding, die Säure packt uns sofort am Kragen und nimmt uns mit, aber sie erschlägt uns nicht. Gerbstoff gibt’s ein kleinwenig, gerade richtig um Struktur zu geben, ohne in irgendeiner Form zu bremsen. Im Gegenteil, das rinnt unendlich gut. Hinten raus hat der Wein eine unerwartete Länge, bleibt mit seinen Kräuternoten und der gelben Birne eine Weile stehen. 0% Kitsch, 100% Freude.

9,5/10

Punkte Kady

Die Frappato von Arianna fallen definitiv in die Kategorie „genau meins“. Diese Frische, dieser Trinkfluss, diese Länge – lieben wir.

9,4/10

Punkte Michael

Einfach unglaublich, dass diese Weine aus Sizilien kommen! Finde ich absolut faszinierend und die Weine sind richtig schön.

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Johannes Zillinger findet ihr unter anderem bei Weinskandal, Döllerers, Vinocentral oder NaturalWineDealers. Den Parcellaire Blanc #1 2021, den wir in der Folge verkostet haben, kostet knapp 20€.

Das können wir noch empfehlen…
Die Weine von Johannes Zillinger strahlen – und ecken gerne auch mal an. Wir lieben die Kräutrigkeit und Frische, die sich durch alle Weine zieht. Während die Weine der Velue- und Revolution-Linie in ihrer säurebetonten Saftigkeit immer für Trinkspaß sorgen, benötigen die Weine der Numen-Linie etwas mehr Luft und einen offenen Zugang der Trinker:innen. Wer sich aber darauf einlässt & die Weine ruhig mal ein paar Stunden in die Karaffe schmeißt, wird reich belohnt – geiles Zeug!

Podcast-Folge Nr. 157
Unsere Podcast-Folge zu Johannes Zillinger könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.