Weingut Ehrlenbach: Schwarzriesling Reicholzheimer First 2022
Wertheim-Reicholzheim, Taubertal, Baden
Rebsorte: Schwarzriesling (Pinot Meunier)
Kategorie: classic – funky – crazy
Die Geschichte von Florian und Philipp Ehrlenbach aus dem Taubertal beginnt tragisch: Der Vater, seines Zeichens Metzger und Nebenerwerbswinzer, verunglückt bei einem Autounfall als die Brüder gerade einmal 3 beziehungsweise 6 Jahre alt sind. Die 1,5 Hektar Weinbau werden zum Großteil abgegeben, in dieser Zeit gibt es andere Sorgen als sich auf Wein zu konzentrieren und entsprechend wenig Interesse zeigen die beiden Brüder ganz generell für Weinberge. Während sich der Jüngere, Philipp, zu einer Ausbildung als Industriemechaniker entschließt, wird Florian Ehrlenbach den Wein doch nicht so ganz los: Er macht eine Ausbildung zum Weinküfer, also Weintechniker – lernt also alles rund um die Kellerarbeit.
Am Ende seiner Ausbildung merkt Florian, dass ihn das Thema Weinbau doch mehr interessiert als „nur“ der Ausbau im Keller – und so hängt er noch eine Winzerlehre bei der fränkischen Legende Horst Sauer dran. Nach Lehrabschluss bleibt er noch ein weiteres Jahr als Geselle, weil ihm der Perfektionismus des Betriebs imponiert. Bei Sauer bekommt er genau den „Arschtritt“, den er damals als etwas verhätschelter „armer Bub“ gebraucht hat, wie Florian selbst erzählt. Es folgt ein Praktikum bei Manincor in Südtirol und erste Versuche auf den 0,4 Hektar Fläche, die noch vom Vater übrig sind und bisher in die Genossenschaft gegangen sind.
Zurück in Deutschland ist für Florian klar: Weißwein kann er jetzt, als nächstes möchte er alles rund um Rotwein lernen. Im benachbarten Franken gibt es da eigentlich nur eine Anlaufstelle: Das Weingut Rudolf Fürst. Es ist April 2016 als er bei Sebastian Fürst vorstellig wird und wenig später als Praktikant beginnt. Eigentlich wollte er nur für ein halbes Jahr bleiben, mittlerweile sind es – mit kurzer Auslandsstation in Australien – über 8 Jahre geworden und Florian ist nicht nur die rechte Hand von Sebastian Fürst, sondern bildet ein kongeniales Team mit dem Winzer.
Mit 2017 hat Florian auch den Genossenschaftsvertrag der eigenen Fläche gekündigt – nach zwei Jahren Kündigungsfrist – wollte er 2020 durchstarten. Ursprünglich als Weingut Florian Ehrlenbach geplant, wurde mehr und mehr klar, dass auch Bruder Philipp eine ebenso gewichtige Rolle spielen wird. Das Etikett wird mit einem kleinen „Florian & Philipp“ versehen und 2020 kommt der erste Jahrgang in den Keller – so war es zumindest geplant, bis der Frost den Brüdern fast das gesamte Traubmaterial nahm. So richtig los ginge es bei Ehrlenbachs also erst 2021 und 2022, weiterhin wird das Weingut im Nebenerwerb betrieben, die beiden Brüder haben noch immer ihre Vollzeitjobs. Erste Aufmerksamkeit als „Entdeckung des Jahres“ gab es nach dem im Schnitt 18-monatigen Fassausbau der Lagenweine dann mti 2024, genau wie die Flächen soll auch der Erfolg immer weiter wachsen.
Im Zentrum steht dabei nicht nur die Region Taubertal, als „badisch Sibirien“ verschrien und immer noch frostig und kühl, sondern auch der Schwarzriesling: Aus der Champagne als Pinot Meunier bekannt zeigen die Brüder, dass Schwarzriesling auch trocken durchaus mit Spätburgunder mithalten kann. Wir sind gespannt, was Florian und Philipp in den nächsten Jahren zeigen und wo die Reise noch hingeht!
Weinfotos: © Wein für Wein; Foto der Winzer: © Weingut Ehrlenbach
Verkostungsnotiz
Klares Rubinrot im Glas. Nach einem halben Tag in der Karaffe zeigt sich der Wein in der Nase sehr offen und umarmend, da kommt einem ordentlich was entgegen: Leicht Reduktion, auch etwas fleischige Noten gepaart mit einer wunderbar reifen, dunklen Sauerkirsche. Etwas Holzwürze ist spürbar, der erste Gedanke in der Nase geht auch bei Kady blind ganz klar zu deutschem Spätburgunder. Am Gaumen eröffnet der Schwarzriesling gleich mal sehr saftig, wieder diese dunkle, optimal gereifte Sauerkirsche. Die Würze zieht sich gemeinsam mit der noch sehr jungen Säure und dem feinen, nicht allzu überwältigenden Tannin schön durch. Das ist schon jetzt super antrinkbar, kann aber gerne auch noch mal ein paar Jahre im Weinkeller vergessen werden. Im Abgang bleibt die dunkle Würze gepaart mit einer leichten gerösteten Kaffee-Note schön bestehen. Das hat Trinkfluss pur, richtig schön! Und in jeder Blindprobe geht das als Pinot durch, darauf wetten wir!
9,4/10
Punkte Kady
Das trink ich schon richtig gern. Geiler Saft, kein Trinkwiderstand, top! Und das soll Meunier sein? Wow!
9,3/10
Punkte Michael
So eine schöne Würze, richtig schön! Saftigkeit, ordentlich Säure, das Tannin wirklich nur strukturgebend. Mega trinkig!
Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Florian und Philipp Ehrlenbach findet ihr einerseits direkt beim Weingut – hier könnt ihr einfach eine Weinliste anfordern und dann direkt bestellen. In Kürze gibt’s die Weine auch bei Belles Vignes, dem Weinhandel von Isabella Rutayungwa. Der Schwarzriesling First 2022 liegt bei knapp 27€.
Das können wir noch empfehlen…
Neben dem Schwarzriesling sind natürlich auch die Spätburgunder sehr spannend – wir haben da nur den Spätburgunder Ortswein probiert, der für unter 20€ Mega-Preis-Leistung bietet. Auch spannend: Der Chardonnay aus 2022, der schon zeigt, dass auch da noch eine schöne Reise bevorsteht, wenn die Reben an etwas Alter gewonnen haben.
Podcast-Folge Nr. 172
Unsere Podcast-Folge zu Florian und Philipp Ehrlenbach könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.