Weingut Wolf: Riesling 2020

Grosskarlbach, Pfalz
Rebsorte: Riesling

Kategorie: classic – funky – crazy

Die Geschichte von Dennis Wolf beginnt ganz typisch: Er wächst am elterlichen Weingut in der Pfalz auf, das sein Vater Kurt vom Genossenschaftsbetrieb zum klassischen, konventionellen Pfälzer Weingut entwickelt hat. Ein großer Teil der knapp 14 Hektar Fläche wird direkt im Fass verkauft, aus den restlichen Flächen keltert Kurt Wolf einige Flaschen für den Ab-Hof-Verkauf. Als einziger Sohn liegen die Hoffnungen natürlich bei Dennis, dass er das Weingut mal übernehmen könnte. Nach dem Abitur beginnt bei Dennis auch die Weinleidenschaft größer zu werden und über einen Freund bekommt er einen Tipp für ein besonders spannendes Weingut in Frankreich: Die Domaine de L’Horizon, geführt vom deutschen Thomas Teibert. Heute bekannt als eine der Naturwein-Institutionen, war das Weingut im Jahr 2012 noch weit weniger bekannt. Der gerade 18-jährige Dennis Wolf bestellt also mal ein paar Flaschen – die Eltern hielten ihn ob des Preises von 30€ pro Flasche damals für verrückt. Doch die Investition sollte sich mehr als lohnen. Dennis ist fasziniert von den Weinen, die doch ganz anders schmecken als alles bisher bekannte. Und so bewirbt sich Dennis Wolf, ausgestattet mit ein wenig Weinwissen, ein wenig Idee von Arbeit im Weingarten und sehr wenig Französischkenntnissen, für ein Praktikum bei der Domaine im südfranzösischen Calce.

Schnell wird klar: Frankreich ist das Land seiner Träume. Die Weinkultur, die Kultur des puren Genusses – Dennis Wolf wird innerhalb weniger Monate absolut frankophil. Neben einem Geisenheim-Studium, dass er mehr nebenbei macht, folgen zahlreiche Stationen in Frankreich. Zuerst geht es aber noch zu Klaus Peter Keller – man will ja auch ordentlich Riesling lernen. Es folgen Stationen die sich lesen wie eine Aufzählung von Winzerlegenden: Didier Dageneau, André Ostertag, Ludwig „Lulu“ Bindernagel oder Jean-Louise Chave. Zu letzterem kommt er übrigens durch eine zusätzliche Station: Er arbeitet für zwei Jahre bei The Sampler, einem Weinhändler in London und ist dort von einem Hermitage 1988 so angetan, dass er drei Tage später in Gummistiefeln an der nördlichen Rhône bei Jean-Louis Chave beginnt.

Mit 2018 kommt Dennis Wolf dann Vollzeit zurück nach Hause in die Pfalz: Bei Vater Kurt schwinden langsam die Kräfte, auch wirtschaftlich läuft es nicht mehr optimal. Dennis bringt neue Ideen, neuen Schwung und neue – biodynamische – Bewirtschaftungsformen mit. Zu Beginn geht es auch sofort bergauf, aber spätestens als Dennis Wolf dann mit dem Jahr 2021 die gesamten 14 Hektar des elterlichen Weinguts überschrieben bekommt, machen sich Schwierigkeiten breit. Mehr als zuvor wird versucht ihm reinzureden, die Stimmung wird immer destruktiver und er steht mit der Verantwortung der 14 Hektar gefühlt komplett alleine da. Dennis spricht heute offen darüber: Er war komplett im Burnout, in der Depression. Er macht in der Situation das einzig Richtige: Er zieht die Reißleine. Er muss weg, verpachtet die Flächen an befreundete Winzer:innen und begibt sich in Therapie.

Fast forward drei Jahre später: Anfang des Jahres hat Dennis die Möglichkeit bekommen, ein kleines 3 Hektar großes Weingut im Piemont zu übernehmen. Eine völlig neue Herausforderung, völlig neue Rebsorten – und ein Neustart. Er hat die Liebe zum Wein wiederentdeckt und wir sind sehr gespannt, was da noch alles kommt! Die Weine aus Deutschland sind großartig, die italienischen Weine von Dennis Wolf werden es ebenfalls sein, da sind wir uns sicher!

Weinfotos: © Wein für Wein; Foto des Winzers & Weingarten: © Ben Kuhlmann

Verkostungsnotiz
Strahlendes Goldgelb im Glas. In der Nase präsentiert sich der Wein gleich durchaus aromatisch: Reife und gleichzeitig auch sehr frische, gelbe Frucht. Ein bisschen in Richtung Mirabellen, etwas Weingartenpfirsich. Feine Zitrusnoten kommen dazu, auch etwas Florales, weiße Blüten. Wir denken da an eine Frühlingsblumenwiese, auch ganz frische Hollerblüten, etwas frische Kamille und Zitronenmelisse kommen dazu. Eine leichte Reduktion ist spürbar, das geht in Richtung Majoran, Bohnenkraut – aber sehr fein. Zarte Backgewürze komplettieren die sehr komplexe Nase – für uns die perfekte Balance aus Reife und Frische. Am Gaumen zieht sich das wunderbar weiter: Hier nimmt die Frische durch diese großartige Säure natürlich das Heft in die Hand. Dennoch reife, hellgelbe Frucht, sofort gaumenfüllend und saftig. Leichter, feiner Gerbstoff  kommt dazu und dann schiebt die Säure richtig an, das wird ordentlich zitrisch hinten raus. Mega balancierter Wein, lieben wir!

9,4/10

Punkte Kady

Clean & lean: Das ist schon sehr fein gemacht, großartige Säure trifft auf perfekte Reife – so muss Riesling!

9,4/10

Punkte Michael

Diese Balance aus reifer Frucht und anschiebender Frische ist unfassbar gut gelungen. Und für 20€ ein Preis-Leistungs-Wunder! Wow!

Und hier findet ihr den Wein
Die (deutschen) Weine von Dennis Wolf findet ihr unter anderem bei Vinocentral, Vins Vivants oder The Winehouse. Der Riesling aus 2020 kostet je nach Händler zwischen 17 und 20€, der Barbera ist etwas schwerer zu finden und kostet 36€ bei The Winehouse.

Das können wir noch empfehlen…
Wir sind sehr gespannt auf den Jahrgang 2021 – den letzten Jahrgang von Dennis in der Pfalz – der in den nächsten Wochen auf den Markt kommt. Vom 2020er Jahrgang haben wir neben Riesling und Barbera auch noch den Spätburgunder gekostet, auch das ist richtig schön gemachter Pinot, den man nicht sofort nach Deutschland stecken würde.

Podcast-Folge Nr. 169
Unsere Podcast-Folge zu Dennis Wolf könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.