Krawalter: Chardonnay Bürgstadt 2022

Bürgstadt, Franken
Rebsorte: Chardonnay

Kategorie: classic – funky – crazy

Achtung, das ist eine Weltpremiere: Als mir Felix Walter eine E-Mail geschickt hat, dass er gerne seinen allerersten, eigenen Wein bei uns im Podcast vorstellen wollte, hab ich mich natürlich gefreut. Gleichzeitig war da aber auch Ungewissheit. Ein unbeschriebenes Blatt, keine Infos über den jungen Kollegen zu finden – das kann natürlich in alle Richtungen gehen. Als der Wein endlich da war und verkostet wurde, war ich im Kopf sofort geflasht: „Burgund? Wie groß ist das bitte?“ Ob das jetzt wirklich großer Wein ist, oder ob ich mich von der schönen Vorstellung leiten lasse, dass der erste Wein, der auch noch in unserem Podcast seine Premiere feiert, genial sein muss – da war ich mir selbst nicht so sicher. Als Kady in der Folge dann blind in genau die selben Richtungen gelaufen ist wie ich: „Burgund? Großes Deutschland? Wer macht sowas? Saalwächter, Kissinger und Co. hatten wir doch schon?!“ war nochmal bestätigt, dass Felix Walter hier am Weg zu ganz Großem ist. Aber der Reihe nach…

In einem kleinen, fränkischen Familienweingut aufwachsend, hat Felix schon früh großes Interesse an der Landwirtschaft. Weniger am Weinbau, viel mehr sind es die Tomaten im Garten der Großmutter, die ihn faszinieren und als kleinen Bub schon experimentieren lassen. Traktorfahrer will er werden, bald beginnt er eigene Weinberge mit Sorten wie Regent oder Kerner zu bewirtschaften. Rebsorten, die am Weingut nicht mehr gebraucht werden, wo jetzt statt der Rodung der 11-jährige Felix Walter am Werken ist. Die Außenwirtschaft für diese kleinen Flächen übernimmt also Felix, Vater Christoph keltert dann am Weingut Josef Walter Traubensaft daraus. „Genossenschaft Papa“ quasi. Das Interesse ebbt nicht ab, es wird eher stärker und so beschließt Felix, dass er nach der Pflichtschule eine Winzerlehre machen will. In Familienunternehmen ist man heutzutage über Nachfolger froh, entsprechend werden ihm keine Steine in den Weg gelegt.

Raus aus Franken soll es gehen, zu einem Spitzenbetrieb. In den Weinguides klingt damals – wir schreiben das Jahr 2017 – das Weingut Huber am vielversprechendsten. Der 15-jährige Felix Walter will unbedingt zu diesem Julian Huber, der so großartige Arbeit zu machen scheint. Am Arbeitsweg scheitert es damals, über 6 Stunden mit der Bahn sind dann doch etwas zu viel. Etwas näher liegt das ebenso hoch gelobte Weingut Künstler und so beginnt Felix seine Ausbildung bei Gunther Künstler. Zwei Jahre später erfüllt er sich den Traum und geht zu Huber. „Wein ist nicht nur Arbeit“, das wird ihm bei Huber und bei den zahlreichen Flaschen aus dem Burgund, die zu jedem Mittagessen unter allen Mitarbeiter:innen geteilt werden, erstmals so richtig bewusst.

Geprägt von Julian Huber ist die nächste Station – während er schon die Technikerschule in Weinsberg besucht – die Domaine Chanterêves von Tomoko Kuriyama und Guillaume Bott im Burgund. Keine 5 Hektar, ein absolutes Hype-Weingut, sagenumwoben biodynamisch und Weine, die kaum zu kriegen sind. Eine Station, die Felix nochmals enorm prägen sollte, denn Tomoko öffnet im Aspekte im Weinbau, die ihm davor allesamt nicht bewusst waren. Bis ins kleinste Detail kann er dort über Reberziehung diskutieren, perfekt für einen Rebphysiologie-Nerd wie Felix.

Unter dem Spitznamen aus der Schule – Krawalter, der Krawall-Walter quasi – entscheidet sich Felix dann 2022 auch eigenen Wein zu machen. Erste Sekt-Experimente liegen bereits im Keller, aber jetzt soll es erstmals auch Stillwein sein. Chardonnay und Spätburgunder – nicht ganz ohne burgundische Einflüsse versteht sich. Und was Felix da jetzt auf die Flasche gebracht hat, ist wirklich außergewöhnlich. Faszinierend, wie er das in seinem allerersten Jahrgang geschafft hat. Nicht überraschend, wenn man die Vita kennt. Das Einzige, das überrascht, ist das es noch gänzlich unentdeckt ist.

Weinfotos: © Wein für Wein; Foto des Winzers: © Felix Walter

Verkostungsnotiz

Strahlendes Goldgelb erwartet uns hier im Burgunderglas – der Wein durfte vor der Verkostung schon knapp 6 Stunden Luft schnappen & das braucht das junge Dinge aktuell auch noch. Ganz zu Beginn ordentlich reduktiv, öffnet sich der Chardonnay mit einiger Zeit in der Karaffe so richtig. Für Kady ist da zu Beginn saftig gelbe Birne, ein sahnig-laktischer Touch, auch florale Noten in Richtung Dotterblumen kommen dazu – sehr feine, sehr komplexe Nase. Erst im zweiten, dritten Hineinreichen spürt man noch die feine Reduktion. Insgesamt präsentiert sich der Wein in der Nase reif und strahlt dennoch eine immense Frische aus. Am Gaumen bekommt man genau das, was man erhofft: Saftige, runde gelbe Frucht mit ordentlich Schmelz – aber auch sofort eine wunderschöne Säure- und Gerbstoffstruktur, die da Bewegung und Zug reinbringt. Sehr harmonisch zu Nase: Gelbe Birne, leichte Malolaktik, feine Holzwürze. Kein Gramm zu viel Fett, kein Moment der Behäbigkeit, absoluter Trinkfluss. Hinten raus geht das für uns in eine zitrische Lemongrass-Richtung, wird immer präziser und bleibt unendlich lange haften. Wir sind sehr gespannt, wo es da noch hingeht. Großer Wein!

9,5/10

Punkte Kady

Ist das Burgund? Oder irgendwer ganz Großer in Deutschland? Unfassbar, was Felix da mit dem ersten Jahrgang auf die Flasche gezaubert hat.

9,5/10

Punkte Michael

Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwartet, als mir Felix die Weine geschickt hat. Aber wow, das uns so ein unentdeckter Winzer in die Hände fällt. Unfassbar geil!

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Felix Walter und seinem Weingut Krawalter gibt’s aktuell – noch – ausschließlich bei elterlichen Weingut Josef Walter im Onlineshop. Der Chardonnay & der Spätburgunder kosten je 33€. Hinweis für alle Händler:innen und die Sommellerie: Felix ist mit seinem Erstlingswerk noch auf der Suche nach Partnerschaften und Vertriebsstellen, einfach bei ihm melden für Verkostungen & Co.

Das können wir noch empfehlen…
Nachdem das der erste Wein ist, nur so viel: Verfolgt den Weg von Felix Walter auf jeden Fall weiter, da entsteht gerade ganz Großartiges. Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht. Den Spätburgunder konnten wir selbst leider auch noch nicht verkosten, können uns aber nur Gutes vorstellen! Und auf den Sekt, der dann im Herbst 2024 kommen wird, sind wir ebenso gespannt.

Podcast-Folge Nr. 166
Unsere Podcast-Folge zu Felix Walter und Krawalter könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.