Martin & Anna Arndorfer: Riesling Straßer Weinberge 2022
Straß im Straßertale, Kamptal, Niederösterreich
Rebsorte: Riesling
Kategorie: classic – funky – crazy
Der Weg von Martin und Anna Arndorfer ist eigentlich vorgezeichnet: Ganz traditionell im Kamptal stammen beide aus Winzerfamilien. Während Martin der Sohn des Weinhofs Arndorfer ist, wächst Anna als Tochter des Langenloiser Traditionsbetriebs Steininger auf. Zu Beginn des jungen Lebens entwickeln sich beide aber in unterschiedliche Richtungen: Martin ist lieber im Weingarten als im Kindergarten und damit prädestiniert als Nachfolger des elterlichen Betriebs, Anna allerdings schmeckt weder der Wein, noch will sie wirklich in die Fußstapfen der Eltern treten. Früh ist klar, dass das ohnehin die ältere Schwester Eva übernehmen wird. In der Tourismusschule entdeckt Anna ihre Leidenschaft für Bewirtung – und lernt im Alter von 15 einen jungen Mann namens Martin kennen, der gerade in der Weinbauschule Klosterneuburg seine Ausbildung macht. Von nun an gemeinsam unterwegs studieren die beiden an der FH Eisenstadt, gehen nach Australien und wissen, dass sie eines Tages das Weingut Arndorfer übernehmen werden.
Martin nennt als prägendste Zeit seine beiden Praktika in Italien: Bei Ronco del Gnemiz im Friaul lernt er nicht nur das italienische Lebensgefühl kennen, er bekommt auch erstmals mit, wie viel Emotion und Liebe man für mit gutem Essen und Trinken auslösen kann. Damals im Jahr 2000 ist für ihn klar: Er möchte eines Tages besondere Weine machen, die genau solche Emotionen auslösen. Kurz darauf sieht er im Piemont bei Fabrizio Iuli, was lebendige, ungeschönte Weine ohne Zusätze sind und welchen Reiz sie ausüben können. Dennoch geht es zurück in Österreich erstmal in eine andere Richtung: Der „Studierte“ soll am Weingut zuhause zeigen, was gelernt wurde. Martin’s ersten eigenen Weine ab 2000 entstehen mehr nach „Rezept“ – inklusive Reinzuchthefen, Enzymen, Schönungen und was sonst noch so möglich ist. Spätestens als dann der Grüne Veltliner und der Riesling im Keller nicht mehr zu unterscheiden sind, ist für Anna und Martin klar, dass es so mit den „besonderen Weinen“ nichts wird.
Langsam beginnen erste Experimente in Richtung biologischer Bewirtschaftung, einzelne Weingärten werden umgestellt und auch die Weine aus genau jenen Anlagen schmecken Anna und Martin weit besser als die konventionellen. Die Weine werden eigenständiger und grenzen sich in ersten kleinen Schritten von der konventionellen Klassik des Kamptals ab. Als ein dänischer Händler um 2008 auf die Arndorfers aufmerksam wird, wissen beide Seiten noch nicht, was sie erwartet: Die Naturwein-Welle im hohen Norden beginnt und so entwickeln sich die Arndorfers gemeinsam mit ihrem Händler und dem Markt immer weiter in diese Richtung. Erste maischevergorene Weine wie der Grüne Veltliner Per Se folgen und auch im NOMA werden die Weine ausgeschenkt. Was international zu einem ziemlichen Boom führt, bleibt in Österreich im Verborgenen. Das Interesse an maischevergorenen Weinen ist überschaubar, bis heute sind es einzelne Spitzengastronomiebetriebe und Händler, die auf die Weine der Arndorfers schwören. International sind sie in der Naturweinszene eigentlich Superstars, aber der Prophet im eigenen Land…
Prägend ist auch das Jahr 2014, als es in ganz Europa aufgrund des sehr kühlen Jahres, Frost und Fäule zu Ernteausfällen kommt. Anstatt möglichst viel zu retten und alles niederzuschwefeln setzen die Arndorfers auf Verzicht. Im Gegensatz zu den meisten Kolleg:innen reagieren sie auf die kleine Ernte mit mehr Einsatz von Maischegärung, noch weniger Schwefel und dem kompletten Verzicht auf alle Zusätze. Spätestens damit sind Martin und Anna so richtig angekommen.
Heute geht der Ertrag von knapp über 90% der 20 Hektar Rebfläche ins Ausland, sowohl die Linie der Charakterweine als auch jene der Naturweine beherrschen die Arndorfers zur Perfektion. Ein komplettes Portfolio, welches immer mit unglaublichem Trinkfluss besticht. Der nächste Entwicklungsschritt: Biodynamische Bewirtschaftung. Endlich, wie Anna beim Telefonat meint. Bis jetzt war dafür einfach keine Zeit, doch die nehmen sich Martin und Anna jetzt. Wir sind gespannt.
Weinfotos: © Wein für Wein; Foto der Winzerin: © Michael Buechling
Verkostungsnotiz
Helles, klar unfiltriertes Goldgelb. In der Nase eine wunderschöne Frische, richtig Zitronenfrische, dazu gesellen sich saftige, gelbfruchtige Noten in Richtung Ringlotten oder Mirabellen. Darunter leicht laktische Noten – die Kindheit sagt Pfirsich-Campino – sowie etwas Steinmehl und leicht florale Anklänge. Alles sehr fein, leicht und klar – die Aromen ergänzen sich gegenseitig. Am Gaumen beginnt dann eine wilde Reise: Intensiver, säurelastiger Frucht-Juice (Copyright Kady Kirchmayr). Gelbfruchtig, für uns saftiger, frischer Pfirsich – dazu ordentlich Zitrusnoten und ein leichter Hefetouch. Auch im Abgang bleibt diese Saftigkeit lange erhaltend und wird dann immer salziger. Das ist purer Riesling-Saft der den gesamten Tisch wieder aufweckt!
9,4/10
Punkte Kady
Gefällt mir schon sehr sehr gut dieser säurelastige Frucht-Juice!
9,5/10
Punkte Michael
Super schöne Säure, enormer Trinkfluss, ein Soda-Zitron für Erwachsene!
Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Martin und Anna Arndorfer findet man bei Pub Klemo, Weinskandal oder auch direkt in ihrem Online-Shop. Der Riesling Straßer Weinberge 2022 aus der Charakterwein-Linie kostet knapp 20€.
Das können wir noch empfehlen…
Arndorfer ist immer eine Bank: Wir lieben die Weine und sind bei jeder Verkostungsreihe wieder begeistert, wie gut die Beiden das Spiel auf der gesamten Natural-Klaviatur beherrschen. Von maischevergorenem Welschriesling mit unendlich Trinkfluss bis zu unfiltriertem, spannungsgeladenen und unglaublich straffem Riesling ist hier alles dabei und alles großartig.
Podcast-Folge Nr. 131
Unsere Podcast-Folge zu Martin und Anna Arndorfer könnt ihr überall hören wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.