Christmann: Spätburgunder Gimmeldinger Schlössel Erste Lage 2020

Gimmeldingen, Pfalz, Deutschland
Rebsorte: Spätburgunder

Kategorie: classic – funky – crazy

Seit 1798 existiert das Weingut Christmann in Gimmeldingen. Das klingt nach ganz schön viel Tradition – und dennoch können wir getrost von einem der spannendsten Weingütern Deutschlands sprechen. Die bewegte Geschichte des seit der französischen Revolution in Familienbesitz befindlichen Weinguts setzt sich mittlerweile in der 7. und 8. Generation fort. Heute führen Steffen Christmann und seine Tochter Sophie Christmann das Weingut. Und gerade Sophie hat dem Weingut nochmal ordentlich Schwung verliehen, vor allem im Bereich Spätburgunder. Aber der Reihe nach.

Sophie Christmann wollte eigentlich immer schon Winzerin werden. Das Studium in Geisenheim war die logische Folge, mit Julian Huber, Andy Rings oder Tobias Knewitz hatte sie auch nicht den schlechtesten Jahrgang an der Hochschule erwischt. Die ersten Praktika bei Schäfer-Fröhlich, Bürklin-Wolf oder Grosset in Australien waren noch sehr riesling-geprägt, zusätzlich ging es für ein Auslandssemester nach Bordeaux und für’s Masterstudium der Agrarökonomie nach Berlin. Dass Sophie mal zuhause den Betrieb übernimmt, war eigentlich genauso immer klar. Aber nicht nur das: Vater Steffen – seit 2007 VDP-Präsident und ohne zu übertreiben eine der wichtigsten Figuren des deutschen Weinbaus – ist nur 28 Jahre älter als Sophie und die beiden hatten von Anfang an am Plan, dass sie irgendwann gemeinsam im Weingut stehen werden. Solch ein Szenario gibt es natürlich oft in Familienbetrieben, die Übergabe ist entsprechend meistens kompliziert: Meist gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen den Generationen, nicht selten endet es in Streit oder zumindest zwischenzeitlichem Zerwürfnis.

Nicht so bei Christmann’s: Schon während des Studiums beginnt die Diskussion zwischen Steffen und Sophie, wie sie gemeinsam das Weingut führen möchten. Es wird einfach viel geredet untereinander, zwischen den Generationen. Und so kristallisiert sich schnell ein Fahrplan heraus: Während sich Steffen weiterhin auf „seine“ Rebsorte Riesling konzentriert, bekommt Sophie Christmann ihr eigenes Spielfeld. Spätburgunder. Der erste Schritt in diese Richtung ist ein Praktikum bei Julian Huber noch bevor Sophie in den elterlichen Betrieb einsteigt. 2018 beginnt dann die gemeinsame Zeit des Vater-Tochter-Gespanns und das Ziel ist klar: Neben Riesling soll das Weingut Christmann auch bei Spätburgunder zu den 10 besten Betrieben Deutschlands gehören. Sophie meint selbst, damals war man vielleicht Top 50 beim Pinot, aber das sollte sich schnell ändern.

Gemeinsam mit der Wein-Kommunikationsagentur Medienagenten beginnen Sophie und Steffen den Prozess dieser Entwicklung. Ziele werden gesetzt, es wird überlegt wie die Zusammenarbeit der beiden im gesamten Weingut optimal funktionieren kann. Dinge werden eben besprochen und überlegt angegangen. Zu dieser Entwicklung gehört auch ein – von außen gesehen – radikaler Schritt: Keine Gutsweine mehr. Mit 2020/2021 geht es voll in die Spezialisierung. Nur noch Riesling und Spätburgunder. Nur noch erste und große Lagen. Von 24 Weinen wird auf 12 Weine reduziert. 30% weniger Flaschen. Mutig, aber mit vollem Erfolg. Durch die Umstellung kann noch mehr Konzentration auf die beiden Rebsorten gelegt werden, für die Christmann in Zukunft stehen will.

Ein bisschen passiert ist Steffen & Sophie dann noch ein zweites Projekt: Christmann et Kauffmann. Was eigentlich ein Traubenverkaufsprojekt hätte werden sollen, wurde zu einem eigenen Sektgut. Nachdem das Nachbarweingut mit großartigen Flächen in Lagen wie Idig, Meerspinne oder Bienberg aufgrund fehlender Nachfolge schließen musste, hatten die Christmanns die Möglichkeit 12 Hektar bester Lagen zu pachten. Nicht ganz optimal, wenn man sich gerade spezialisiert und verkleinert, aber man kann das Traubenmaterial ja – mit Reichsrat von Buhl war schon ein Partner gefunden – verkaufen und sich die Gustostücke herauspicken. Soweit die Idee. Dann ging die Zusammenarbeit von Mathieu Kauffmann bei Reichsrat von Buhl plötzlich zu Ende und die Partnerschaft lag auf Eis. Warum also nicht mit dem Schaumweinmeister Mathieu Kauffmann selbst ein „kleines“ Projekt starten? Gesagt, getan. Und schon hat man ein Sektgut, das in Sachen Qualität den Rieslingen und Spätburgundern des Weinguts Christmann um nichts nachsteht.

Apropos Spätburgunder: Was Sophie Christmann in dieser kurzen Zeit mit den Spätburgundern geschaffen hat ist nicht nur großartig – das ist pure Weltklasse! Wir sind sehr gespannt was da noch kommt!

Weinfotos: © Wein für Wein; Foto der Winzer: © Weingut Christmann

Verkostungsnotiz
Helles, klares Rubinrot. In der Nase unglaublich feine, frische Beerenfrucht in Richtung roter Ribisel, etwas weiße Johannisbeere dazu. Es zieht einen einfach hinein ins Glas, der Wein löst schon in der Nase so richtig Speichelfluss aus – irre! Bei aller Frucht bleibt das aber wahnsinnig frisch und fein, dazu kommt einiges an Würze in Richtung Waldboden und etwas Kolanuss. Eine gewisse Rauchigkeit rundet diese harmonischen Duft wunderbar ab. Am Gaumen dann Harmonie pur: Saftige, frische Beerenfrucht – wir sind wieder bei roter Frucht, Ribisel, etwas rote Kirsche, Walderdbeeren. Feines Tannin, eine wunderschöne Säure, hier ist nichts zu viel und nichts zu wenig. Perfekt im Einklang tänzelt der Wein über den Gaumen und bleibt in seiner Würze und eleganten Frucht eine gefühlte Ewigkeit haften. Sagenhafter Pinot!

9,6+/10

Punkte Kady

Einfach nur Danke, dass wir das trinken dürfen. Weltklasse-Pinot!

9,7/10

Punkte Michael

Diese Harmonie! Wahnsinn! Ein Wein, den man jeden Tag trinken könnte, ganz großes Kino!

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine vom Weingut Christmann findet ihr in Österreich bei Zankl’s Weine sowie Wagners Weinshop und in Deutschland unter anderem bei Lobenbergs. Der Spätburgunder Gimmeldinger Schlössel 2020 kostet rund 38€.

Das können wir noch empfehlen…
Der neue Einstieg „Aus den Lagen“ ist ebenso großartig wie die ersten und großen Gewächse. Rieslinge wie Idig oder Meerspinne strahlen mit den Spätburgundern rund um Bienberg und Schlössel um die Wette. Und dann gibt’s ganz nebenbei ja noch den Sekt. Großartig, alles, wirklich alles ist hier Weltklasse. Trinkbefehl!

Podcast-Folge Nr. 124
Unsere Podcast-Folge zum Gimmeldinger Schlössel 2020 vom Weingut Christmann könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.