Kleines Gut: Riesling 2021
Uhlbach bei Stuttgart, Württemberg
Rebsorte: Riesling
Kategorie: classic – funky – crazy
Am östlichsten Zipfelchen Stuttgarts liegt das pittoreske Uhlbach. Hier haben Daniel und Frederike mit ihrem Kleinen Gut einen Platz für ihre Weine und für ihre Familie gefunden. Die Grundlage für das Kleine gut sind vier Hektar Weingärten, richtig spannende Grand Cru Flächen, die schon Daniels Opa bewirtschaftete. Der lieferte seine Trauben allerdings an eine Genossenschaft und als er 2012 in Pension ging, wurden die Flächen verpachtet.
Während der Opa noch am Werk war, musste auch Daniel manchmal im Weingarten mithelfen – das war nicht immer so romantisch, wie man sich’s vielleicht vorstellt. Als er dann aber selbst das erste Mal mit Weinen von kleinen Bio-Winzer:innen in Berührung kam, und alt genug war, um diese auch zu verkosten, eröffnete sich auch für ihn der Weinkosmos. Von Beginn an waren für Daniel Persönlichkeiten interessiert, die eine Sensibilität für den Boden und die Pflanzen haben, die eine gewisse Intellektualität in den Weinbau bringen und mit Gefühl arbeiten. Wie wir in Österreich sagen würden: Leute mit a bissl am Gspia.
Nach dem Schulabschluss waren dann zwei Sachen fix: Zum einen wollte Daniel mit Wein arbeiten und stürzte sich gleich direkt in eine Weinbauausbildung bei Rings (Folge 76). Fix war auch das mit Frederike – Abifahrt sei Dank! Die beiden besuchten die Schule gemeinsam und während sich Daniel dem Wein widmete, fokussierte sich Frederike auf ihr Physiotherapie-Studium und später auch auf Yoga. Nach abgeschlossener Weinbauausbildung ging es für Daniel direkt weiter nach Geisenheim – macht natürlich Sinn, noch ein Studium dranzuhängen, wenn man sich so wie er sehr detailliert in die Dinge reindenkt und mehr wissen will. Während des Studiums waren die beiden regelmäßig in Frankreich unterwegs. Auf dem Weg zum Surfen an der Atlantikküste blieben sie immer wieder in Weinregionen hängen, zunächst im Beaujolais oder an der Loire und später auch im Burgund. Geprägt hat Daniel auch seine Zeit bei Peter Jakob Kühn, einem biodynamisch wirtschaftenden Weingut im Rheingau mit Fokus auf Riesling.
Jedes Mal, wenn er von der Uni oder Ausflügen wieder nach Stuttgart kam, wurde ihm zunehmend klarer, wie spannend die im Familienbesitz stehenden Flächen sind. Nach Abschluss des Studiums ging es für ihn zur Ernte nach Österreich, zu den Rennersistas im burgenländischen Gold, wo er unter anderem auch den Blaufränkisch besser kennenlernte. Als dieses Kapitel 2020 abgeschlossen war, kehrte Daniel zurück nach Uhlbach und machte sich gemeinsam mit Frederike selbstständig. Schrittweise holte er die Familienflächen aus der Pacht zurück, mit dem Ziel, sich von der Genossenschaft zu lösen und eigene Weine zu machen. 2020 wurden aber nicht nur die ersten Weine von Frederike und Daniel geboren, sondern auch ihre erste Tochter. Platz für ihre kleine Familie und den Wein fanden die beiden mitten in Uhlbach, auf einem kleinen Anwesen mit Gewölbekeller und Scheunen – daher auch der Name „kleines gut“.
Die Rebflächen waren vor der Rückübernahme 8 Jahre lang in fremden Händen und konventionell bewirtschaftet worden. Besonders wichtig für Daniel und Frederike ist nun die Verlebendigung des Bodens – ein Vorhaben, das viel Zeit und Geduld in Anspruch nimmt. „Am Ende geht’s immer darum, die Pflanze respektvoll anzusehen und zu überlegen, was kann ich ihr zumuten, und was eben auch nicht,“ erzählt Daniel. Die Eingriffe in Weingarten und Keller bleiben am Kleinen gut so minimal wie möglich.
In unserer Folge haben wir den Riesling 2021, verkostet, dem zweiten Jahrgang von Frederike und Daniel. Der Wein hatte 0-2 Tage Schalenkontakt, wurde spontan vergoren und langsam direkt ins gebrauchte 300l-Holzfass gepresst, wo er dann ein Jahr lang ausgebaut wird. Nur 800 Flaschen gibt es davon, die wurden unfiltriert am 29.10.2022 über Falldruckfüller abgefüllt. Direkt vor der Füllung hat der Riesling dann noch 15 mg/l Schwefel bekommen, damit er schön stabil bleibt.
Weinfotos: © Wein für Wein; Foto der Winzer: © Kleines Gut
Verkostungsnotiz
Intensives, klares Goldgelb, der quasi von Anfang an Ruhe ausstrahlt. In der Nase nicht zu intensiv, die Hauptrolle spielen hier Gewürze, irgendwo zwischen Nelke und Baking Spices bis hin zu frischer, kühler Sternanis. Die Frucht ist sehr zurückhaltend, hier sind wir bei gelbem Apfel bzw. Bratapfel, eher warm als komplett frisch. Das ändert sich dann am Gaumen! Auch hier ist der Wein zu Beginn sehr zurückhaltend, die Gewürze melden sich nach kurzer Zeit gemeinsam mit sehr zarten Anklängen von frischem Pfirsich und Apfel. Je länger der Wein am Gaumen bleibt, desto mehr kommt Zitrusaromatik durch, gepaart mit herrlicher, sehr zielstrebiger Säure, die dem Wein endlos Zug und Trinkfluss verleiht. Insgesamt sehr harmonisch und balanciert, nicht schreiend oder laut, mit wirklich schöner Struktur. Im Abgang bleiben Zitrone und Salzigkeit unendlich lange stehen. Für uns durchaus eine Benchmark im Bereich des Natural-Rieslings, und das schon im 2. Jahrgang!
9,6/10
Punkte Kady
Das ist für mich der Inbegriff eines Naturwein-Rieslings. Perfekt balanciert, ruhig, komplett clean, mit wunderschönem Trinkfluss und unendlicher Länge ausgestattet.
9,5/10
Punkte Michael
Diese Salzigkeit am Gaumen, wow! Was für eine Struktur, was für eine Länge, und das alles komplett harmonisch und in sich stimmig.
Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Daniel und Frederike findet ihr je nach Verfügbarkeit bei Offgrid Wine, bei More Natural Wine und Weinskandal gibt’s aktuell auch den Riesling 2021, Kostenpunkt irgendwo um die € 30. Unseren zweiten Wein aus der Folge, den Rouge 2021 findet ihr gerade bei Offgrid und More Natural Wine, der kostet um die € 20-25.
Das können wir noch empfehlen…
Wie in der Folge schon erwähnt, feiern wir den Vin de Soif sehr – und damit sind wir natürlich nicht alleine. Easy, juicy Rotwein mit einem bissl Funk und Fizz um € 13, das macht schon richtig Spaß.
Podcast-Folge Nr. 117
Unsere Podcast-Folge zum Riesling 2021 und Rouge 2021 von Frederike und Daniel könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.