Jörg Bretz: Blaufränkisch Seeberg 2007
Neusiedlersee, Burgenland/Niederösterreich
Rebsorte: Blaufränkisch
Kategorie: classic – funky – crazy
Wie kommt es eigentlich, dass Jörg Bretz – geborener Deutscher – im Burgenland Wein macht? Und warum findet man ausschließlich gereifte Jahrgänge von seinen Weinen? Ist der überhaupt noch aktiv?
Ungefähr so groß war unser Wissen – oder Unwissen – über die Geschichte von Jörg Bretz vor dem Telefonat zur Podcastfolge. Die Story beginnt in Hanau, in der Nähe von Frankfurt: Nach dem Schulabschluss weiß Jörg nicht wirklich, welchen Beruf er eines Tages ergreifen will. Nur eines ist klar: Ein Studium wäre nicht schlecht. Kurzerhand klingt der Themenbereich Getränketechnik am spannendsten, da Weihenstephan damals eine Universität und Geisenheim eine Fachhochschule war, entscheidet sich Jörg für die strukturiertere Ausbildung. Und damit für den Wein und gegen das Bier. So einfach geht’s. Anstatt des fehlenden Praktikumsjahres, welches in Geisenheim vorausgesetzt wird, macht Jörg Bretz gleich eine Ausbildung zum Winzer. „Damit ich auch wirklich was in der Hand habe, wenn das Studium doch nichts wird.“, meint der pragmatische Winzer heute dazu.
Und dann stand im Jahr 1997 plötzlich Willi Bründlmayer in Geisenheim, auf der Suche nach Mitarbeitern. Nach einigen Auslandsstationen während des Studiums will Jörg Bretz jetzt eine fixe Stelle, aber nur für ein Jahr vielleicht. Das ihn dann Gernot Heinrich vom Weingut Bründlmayer abwirbt und er später den gesamten Traubenzukauf der Pannobile Gruppe managed, war absolut nicht geplant. Aber irgendwie ist er Hängengeblieben im schönen Österreich, wo es doch nochmal ruhiger zugeht als in Deutschland. Nach einem Job beim Fassbinder Pauscha mit Fokus auf den italienischen Markt wird auch diese Liebe nochmal größer, kein Wunder also, dass heute ein großer Teil seiner Weine gen Süden exportiert wird.
Während all dieser Jahre beschäftigt sich Jörg Bretz vor allem mit einer Sache: Der Reifung von Wein. Dass in Österreich eigentlich nur Jungwein getrunken wird stört ihn und er möchte herausfinden, wie man hier großen, gereiften Wein herstellen kann. Die Rebsorte seiner Wahl: Blaufränkisch. Und seit dem Jahr 1997 kauft Jörg Bretz immer wieder Wein aus den besten Lagen des Burgenlands, die er aus der Pannobile-Zeit nur allzu gut kennt, zu. Keine Trauben, sondern Wein. Er hat keine Presse, keinen Keller, nichts. Und er lässt die Fässer liegen. Jahrelang, jahrzehntelang. Erst 2006 beginnt er eigene Flächen zu bewirtschaften, heute sind es knapp 4,5 Hektar um die er sich kümmert.
Die lange Lagerung hat sich seither nicht geändert: Blaufränkisch aus 2007, 2013 oder 2011 gehören zu den aktuellen Jahrgängen. Hinzu kommt eine weiße Rebsorte, die ebenfalls optimale Reifeeigenschaften mitbringt: Weißburgunder. Auch hier sieht es mit aktuellen Jahrgängen düster aus, darauf müssen die Konsumenten noch einige Jahre warten. Und das wird sich auch nicht ändern. Denn Jörg Bretz bringt die Weine erst auf den Markt, wenn er sie für optimal hält. Und auch das wird sich nicht ändern.
Weinfotos: © Wein für Wein; Foto der Winzer: © Weingut Jörg Bretz
Verkostungsnotiz
Intensives Zinnoberrot, leicht blasse Ränder – rein auf den ersten Anblick wirkt der Wein nicht mehr ganz violett-jugendlich. In der Nase kommt dann spürbar etwas flüchtige Säure gepaart mit einer kühlen Frische, Steinmehl und medizinaler Würze in Richtung Eukalyptus hervor. Die Frucht ist hier bereits sehr zurückhaltend, gepaart mit der Flüchtigen geht das für Kady etwas in Amarena-Kirsche. Dazu kommen Reifearomen in Richtung Schokolade. Am Gaumen zeigt der Wein dann eine wunderschöne Struktur: Sehr geradlinig, macht keine Bewegung nach links oder rechts – wunderbar intakter Säurenerv, das Tannin ist bereits optimal integriert und sorgt immer noch für eine griffige Struktur. Saftig, dunkelbeerig, hat ordentlich Trinkfluss und bleibt dabei immer elegant. So muss gereifeter Blaufränkisch!
9,6/10
Punkte Kady
Das reiht sich schon in die absoluten Top-Blaufränkisch ein: Wunderbare Reife, wirkt locker um 5 Jahre jünger, fein!
9,5/10
Punkte Michael
Richtig schöner Blaufränkisch, großartig gereift, jetzt gerade im optimalen Trinkstadium: Purer Saft!
Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Jörg Bretz sind in Österreich am besten bei Pub Klemo im Onlineshop zu finden, in Deutschland gibt’s einige Weine bei Walter & Benjamin oder bei Tranquillo. Der Blaufränkisch Seeberg 2007 ist bei Pub Klemo für 49€ erhältlich, alle Weine bekommt ihr natürlich auch direkt über den Winzer auf seiner Website.
Das können wir noch empfehlen…
Wir haben bis jetzt vor allem die Blaufränkisch probiert, im Podcast hat es uns auch der Blaufränkisch Spitzerberg 2013 sehr angetan. Die Weine von Jörg brauchen alle ihre Zeit – und bekommen sie auch. Die Weißburgunder erhalten ebenfalls jahrelange Zeit zur optimalen Reife – finden wir enorm spannend!
Podcast-Folge Nr. 112
Unsere Podcast-Folge zu Jörg Bretz könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.