Julien Renard: Riesling 2021

Winningen, Mosel, Deutschland
Rebsorte: Riesling

Kategorie: classicfunky – crazy

Die Geschichte von Julien Renard beginnt anders, als alle anderen Geschichten von Winzer:innen: Als Sohn einer Deutschen und eines Franzosen in einer gutbürgerlichen Familie im Ruhrgebiet aufgewachsen, gehört neben Graffiti und Skaten auch Literatur und Theater zu den Interessen von Julien. Aber auch das Thema Wein ist seit frühester Kindheit präsent: An den Geruch von Korken kann sich Julien noch aus der Weinvilla in Duisburg erinnern, mit dessen Besitzer seine Eltern gut befreundet waren. Die Wahl des richtigen Studiums war dann nicht so einfach: Ohne dem verpflichtenden Vorpraktikum fiel die Bewerbung in Geisenheim flach, entsprechend wurde es dann doch Medien- und Kulturwissenschaften. Und die Leidenschaft für Theater entbrannte so richtig. Soweit, dass Julien ein Theaterwissenschaftsstudium in Frankreich und einen Dramaturgie-Master bei Hans-Thies Lehmann – einer absolute Koryphäe der Theaterwissenschaft – anhängt. Julien Renard ist zu diesem Zeitpunkt an der Spitze: Das Studium ist für 5 Anwärter:innen ausgelegt, Bewerbungen gibt es in rauen Mengen.

Doch dann kommt die folgenschwere Erkenntnis: Der ideologische und gesellschaftskritische Ansatz des theoretischen Theaters lässt sich in der hierarchisch und autokratischen Praxis nicht anwenden. Julien muss raus, weg aus dem ganzen Theater. In der Therapie kommt die Idee auf, so richtig ganz weg zu gehen. Etwas ganz anderes zu tun. Und so beginnt Julien Renard ein Praktikum bei einem alten Freund der Familie: Heiner Maleton. Seines Zeichens Winzer, damals beim Weingut Carl Koch. Und Julien sieht alles: Von keiner Filtration bis hin zur Kohleschönung. Von low-intervention bis zu voll-konventionell. Und beschließt mit über 30 Jahren alles auf eine Karte zu setzen. Wein. Er bewirbt sich bei einigen VDP-Betrieben als Azubi, schlussendlich findet sich mit Reinhard Löwenstein jemand der Interesse zeigt. Die Ausbildung bei Heymann-Löwenstein in Winningen ändert nochmal alles, denn Julien Renard erkennt, dass er hier bleiben möchte.

Und so ergibt es sich optimal, dass er zum Ende seiner Ausbildung die Chance auf 0,7 Hektar eigener Rebfläche in den terrassierten Weingärten Winningens erhält. Der Rest ist Geschichte: Von Beginn an werden die Weine von Renard bei Händlern und Sommeliers gefeiert, der erste Jahrgang 2018 ist binnen weniger Monate ausverkauft, der nächste Jahrgang ausreserviert. Und so bewirtschaftet Julien Renard heute 1,2 Hektar und produziert unglaublich feine, aber auch sehr rare Weine – immer erkennbar durch den Fuchs am Etikett. Was es damit auf sich hat & wie sich die Geschichte im Detail abgespielt hat, hört ihr im Podcast!

Weinfotos: © Wein für Wein;

Verkostungsnotiz
Strahlendes Goldgelb im Glas. In der Nase sehr kühl, leicht reduktive Noten in Richtung Senfkörner und eine richtig kühle dunkle Mineralik kommt einem entgegen. Darunter liegt etwas helles, fleischiges Kernobst, das für uns in die Apfelrichtung geht, dazu zitrische Noten in Richtung Limette. Sehr vielschichtige, enorm feine Nase. Am Gaumen merkt man wie jung der Wein noch ist: Die Säure greift sofort voll zu, sehr intensiv. Der Wein ist enorm präzise, zeigt sich aktuell aber noch sehr zurückhaltend was das Aromenspektrum betrifft. Wieder leichte Reduktionsnoten, danach dominiert die Zitrone, man spürt auch ein ganz feines Gerbstoffkonstrukt. Im langen salzigen Abgang spürt man die Schiefermineralik wieder, auch etwas Zitronenzeste kommt dazu. Unbedingt noch ein paar Jahre Zeit geben, das wird noch richtig groß!

9,4++/10

Punkte Kady

Aktuell noch sehr jung, das macht noch nicht wirklich Spaß, gibt aber einen Ausblick: Wow, das wird noch richtig stark!

9,5++/10

Punkte Michael

Tut natürlich etwas weh, wenn man das jetzt schon trinkt: Extreme Säure, aber was da schlummert ist großes Kino. Ein paar Jahre liegen lassen!

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Julien Renard sind immer vergriffen, zu finden sind sie noch am ehesten bei Weinfurore. Dort gibt’s den Riesling 2021 aktuell noch, allerdings nur für Club-Mitglieder (Mindestumsatz von 500€ pro Jahr) für knapp 27€.

Das können wir noch empfehlen…
Alles was ihr kriegen könnt: Der „Einstiegs“-Riesling ist noch halbwegs gut verfügbar, bei den restlichen Weinen sind die Mengen noch kleiner. Wer an die Lagen-Rieslinge Le Ch’ti oder Göttchesberg kommt: Viel Freude damit, das ist ganz groß!

Podcast-Folge Nr. 109
Unsere Podcast-Folge zum Riesling 2021 von Julien Renard könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.