Radikon: Ribolla Gialla 2008

Oslavia, Collio, Friaul
Rebsorte: Ribolla Gialla

Kategorie: classic – funky – crazy

Stanko Radikon zählte zu den Pionieren der Orange Wine Bewegung in Italien und darüber hinaus. Als er Ende der 1970er den landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb seiner Eltern im Dörfchen Oslavia an der italienisch-slowenischen Grenze übernahm, begann er, diesen sukzessive zu modernisieren. Den Jahrgang 1979 füllte er erstmals in Flaschen ab, zuvor waren die Weine im Fass oder Glasballon an örtliche Trattorias verkauft worden. Das verdiente Geld reinvestierte er unter anderem in Stahltanks und eine moderne pneumatische Presse, immer auf der Suche nach Möglichkeiten, die Weinqualität zu verbessern.

Am Weingut wurde seit jeher großer Wert auf die autochthone Rebsorte Ribolla Gialla gelegt. Der Großvater pflanzte sie erstmals aus, Vater Edoardo ließ Stanko bei der Hofübernahme versprechen, die besten Lagen weiterhin nur mit Ribolla Gialla zu bepflanzen. In der Zwischenzeit war die Rebsorte jedoch zum faden Tafelwein für Säufer verkommen. In einem Versuch, der Ribolla Gialla wieder etwas von ihrem früheren Glanz zu verleihen, baute Stanko Radikon die Hälfte seiner Ernte 1995 so aus, wie es schon sein Vater und Großvater es in der Vergangenheit getan hatten – er behandelte sie wie einen Rotwein und ließ die Trauben 10 Tage auf der Maische stehen. Die erste Verkostung zeigte ihm, dass er richtig gelegen hatte – die Essenz der Ribolla Gialla steckt ihn ihren dicken Schalen. Es war, als hätte er eine ganz neue Rebsorte ausgebaut. . Durch das längere Auslaugen von Schalen und Stängeln landeten auch die ausgebrachten Pflanzenschutzmittel verstärkt im Wein – eine Vorstellung, die Stanko Radikon zur sofortigen Umstellung auf biologische Bewirtschaftung bewegte.

Das extreme Hageljahr 1996 verlangsamte den Prozess der Umstellung etwas, für Stanko Radikon war jedoch klar: mazerierte Weine sind das Nonplusultra. In diesem Jahr hatte auch der Bau eines größeren Kellers begonnen, die Fertigstellung verschob sich u.a. durch die Wetterextreme um ganze 3 Jahre. Schon 1997 baute Stanko Radikon sämtliche Rebsorten auf der Maische aus. Mit der bewussten Reduktion von Pflanzenschutz und Hilfsstoffen im Weingarten folgte auch die Umstellung im Weinkeller. Ab 1997 wurden die Rotweine der Radikons ohne Schwefel abgefüllt, ab 2002 waren es alle Weine. Der Ersatz für den Schwefeleinsatz war für Stanko Radikon Zeit. Um die Weine zu stabilisieren, mussten sie einerseits Zeit auf der Maische bekommen, um Tannin und Antioxidantien aus den Schalen aufzunehmen. Im Anschluss bekamen sie Zeit im Holzfass – rund 3-4 Jahre im Schnitt. Der so stabilisierte Wein konnte schwefelfrei abgefüllt werden und hatte dennoch Alterungspotenzial.

Ab 2006 stieg Stankos Sohn Saša in den Betrieb ein und arbeitete an der Seite seines Vaters daran, die von ihm erdachte Weinstilistik weiter zu verfeinern. 2009 brachte er eine neue Linie in den Betrieb ein. Die Linea „S“ stand für jüngere, zugänglichere Weine, abgefüllt mit etwas Schwefel, da sie wesentlich weniger Zeit auf der Maische und im Fass verbrachten. Als Stanko Radikon im Jahr 2016 kurz vor der Ernte verstarb, übernahm Saša gemeinsam mit seiner Familie die volle Verantwortung für den Betrieb. In der Podcast-Folge verkosten wir den Ribolla Gialla 2008, ein Wein der noch während der gemeinsamen Zeit Stankos und Sašas entstanden war. Auf rund 3 Monate Mazerationszeit folgten rund 3 Jahre im Fass und nochmals gut ein Jahr in der Flasche, bevor der Wein schließlich in den Verkauf gelangte.

Weinfotos: © Wein für Wein

Verkostungsnotiz
Dunkelrote Bernsteinfarbe mit deutlicher Trübung. Die Nase vielschichtig und harmonisch mit rauchigen und vegetabilen Anklängen, dazu Mandarine, kandierte Orangenzesten und -blüten. Earl Grey und leicht tropische Anklänge mit reifer Banane gesellen sich dazu. Zudem ist hier flüchtige Säure zu spüren, allerdings in einem angenehmen Ausmaß. Der Wein schmiegt sich förmlich an den Gaumen, erst nach und nach wird das samtige Tanningerüst spürbar. Die Aromen sind hier viel zurückhaltender, dafür macht sich die Säure sich bemerkbar, verleiht dem Wein Frische. Orangenzesten und eine feine Würzigkeit bleiben gemeinsam mit nussigen Noten im unendlich langen Abgang. Dieser Ribolla Gialla mag nicht perfekt und komplett sauber sein, er hat seine Ecken und Kanten. Und trotzdem hat das Ding unendlich Druck, ist in sich balanciert, alle Einzelteile des Weins greifen ineinander. Der Wein ist aktuell auf perfekter Trinkreife – für uns das absolute Paradebeispiel eines Orange Wines.

9,6/10

Punkte Kady

Dieser Wein hat keinen Anspruch auf Perfektion und ist doch in sich so stimmig und harmonisch, sowohl am Gaumen als auch in der Nase. Ganz großes Kino!

9,6/10

Punkte Michael

Für mich mit das Beste, was ich bis jetzt im Bereich Orange Wine im Glas hatte!

Und hier findet ihr den Wein
Grundsätzlich sind Radikon-Weine sehr schwer zu finden und online gerne recht rasch ausverkauft. Über den Ribolla Gialla 2008 sind wir zufällig im Meinklang Hofladen in Wien gestolpert, Kostenpunkt € 60 für die 0,5 Liter Flasche. Wir haben online z.B. bei diesem Shop für italienische Spezialitäten eine Auswahl an Weinen gefunden – selbst getestet haben wir diesen Online Shop allerdings noch nicht 😉 Infos zum Weingut findet ihr auch auf dessen Website.

Das können wir noch empfehlen…
Für den Einstieg in die Welt der Radikon-Weine eignet sich die Linea „S“ sehr gut, hier ist vor allem die Cuvée Slatnik hervorzuheben. Spannend sind natürlich sämtliche Weine, vom Jakot über den Merlot bis hin zum Pignolo!

Podcast-Folge Nr. 99
Unsere Podcast-Folge zum Ribolla Gialla 2008 von Radikon könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.