Michael Wenzel: Analogue N°03 Furmint 2020

Rust, Burgenland
Rebsorte: Furmint

Kategorie: classic – funky – crazy

Die erste große Entscheidung im Leben von Michael Wenzel lautet: Winzer oder Pilot? Geworden ist es – zum Glück für uns – ersteres, nach der Weinbauschule Klosterneuburg, die er im Jahr 1995 abgeschlossen hat, ging es gleich daran den Betrieb zuhause zu übernehmen. 7 Hektar hat sein Vater bewirtschaftet, damals hauptsächlich für die Süßweinproduktion. Michael wollte aber nicht nur den Betrieb zuhause übernehmen, er wollte auch die Welt sehen. Etwas abseits der technologischen und auf Sicherheit bedachten Ausbildung, die er in Klosterneuburg gemacht hatte. Also ging es nach Neuseeland, zu Martinborough Vineyard und zu Larry McKenna. Vom Prince of Pinot aus Neuseeland hat er gelernt, dass nicht alles kontrolliert werden muss, das es auch Spontanvergärung gibt die funktioniert und das man Pinot Noir mit den Kämmen vergärt. Alles Dinge, die in Österreich damals so gar nicht en vogue waren. Zwei Ernten hat Michael Wenzel in diesem Jahr gemacht: Einmal in der südlichen und einmal zuhause in der nördlichen Hemisphäre. Das klingt anstrengend, war es mit Sicherheit auch, aber die Erfahrung war es ebenfalls wert.

Neuseeland sollte ihn soweit verfolgen, dass er heute sagt: „Das Weinmachen habe ich in Neuseeland gelernt.“ In den Jahren 2000 und 2002 war Michael Wenzel noch zweimal zur Ernte in Neuseeland. Diesmal bei einem riesigen Weingut, das man heute noch für seinen Sauvignon Blanc kennt: Cloudy Bay. Dort ist er auf James Healy getroffen, der damals Chefönologe war und als studierter Biochemiker großen Einfluss auf Michael Wenzel hatte. „Weinmachen ist wie Kochen – wenn du verstehst, wie die einzelnen Stoffe und Zutaten zusammenspielen, dann kannst du alles damit machen.“ – bei Cloudy Bay hat Michael Wenzel gelernt, dass es keine Grenzen gibt. Niemals in Schubladen denken, alles ausprobieren, immer Neues versuchen. Wichtige Lektionen, die ihn bis heute verfolgen.

Nach verschiedensten Versuchen mit Spontanvergärung, vermindertem Einsatz von Zusatzstoffen im Keller und weniger Filtration ist rund um die Jahre 2006/2007 der Groschen gefallen, wie man so schön sagt: Der naturnahe, minimalistische Ansatz des Weinmachens beginnt nicht erst im Keller, sondern in den Weingärten. Die konsequente Umstellung auf biologisch-organische Arbeit im Weingarten erfolgt 2008, einige Jahre später bringt ihn seine Partnerin Sonja Priller zum nächsten Schritt: Noch konsequenter, noch klarer, noch reduzierter zu arbeiten. Noch mehr Fokus auf die Rebsorte, mit der er sich schon seit Jahren beschäftigt: Furmint.

Den Furmint haben einst Michaels Vater und Großvater zurück nach Österreich gebracht. Im Jahr 1984, als es in ganz Österreich keinen zusammenhängenden Furmint-Weingarten mehr gab, haben sie aus Ungarn Edelreiser „geholt“. Ganz legal war das nicht, wie Michael Wenzel erzählt. Die beiden Wenzels konnten beide Ungarisch, sind über die Grenze, haben den Kofferraum mit Furmint-Edelreiser gefüllt. Kompliziert wurde es wie erwartet bei der Rückreise. Kurz vor der Grenzkontrolle kurbelt der Großvater von Michael Wenzel das Fenster hinunter und beginnt auf einem Tárogató, einem alten ungarischen Holzblasinstrument, das aussieht wie eine Klarinette, ungarische Volkslieder zu spielen. Nicht ungefährlich im kommunistischen Ungarn, doch den Grenzsoldaten hat das der Erzählung nach so in Aufruhr gebracht, dass er die beiden schleunigst über die Grenze geschickt hat. Natürlich ohne den Kofferraum zu kontrollieren. Und so gibt es seit 1985 wieder einen Furmint-Weingarten in Rust im Burgenland: Die Ried Vogelsang, von der auch dieser Wein stammt.

Für den Analogue N°03 wird ganztraubengepresst, danach wird im kleinen, gebrauchten Holzfass spontanvergoren. 11 Monate lang bekommt der Wein Zeit zu werden, wobei nie aufgetoppt (also das Fass wieder voll aufgefüllt wird, weil ein Teil des Weins natürlich oxidiert) wird. So kommt es zu einer kontrollierten Mikrooxiation, welche den Furmint einen gewissen Jura-Touch gibt, der ihm sehr steht. Nur 400 Flaschen gab es davon und wie mit jedem Wein der Analogue-Reihe ist es ein einmaliges Experiment.

Weinfotos: © Wein für Wein

Verkostungsnotiz
Mittleres Goldgelb, trüb, mittlere Viskosität. In der Nase finden sich einerseits Aromen von gelbem Apfel und Birne, eher wärmer und in die Kompott-Richtung. Dazu etwas Gewürze wie Nelken und ein leichter Honig-Touch. Darunter findet sich aber auch ein kühle, kräutrige Frische die sofort Lust auf den ersten Schluck macht. Am Gaumen zeigt sich der Wein nochmals deutlicher frischer als in der Nase: Zu Beginn wieder Noten von Birne und Kräuterfrische, die präsente Säure verleiht dem Wein ordentlich Zug. Der Wein hat auch Körper, ebenfalls leicht bemerkbar macht sich der Alkohol. Die Kräuterfrische mündet in einem eleganten Finish, hier kommt noch grüner Apfel und Gewürze hinzu.

9,5/10

Punkte Kady

Das find ich schon sehr, sehr, sehr gut. Das ist so ein Wein, der am Gaumen für mich wunderbar funktioniert. Ganz großartige Struktur und super Trinkfluss.

9,6/10

Punkte Michael

Das ist für mich schon sehr nahe an der Weltklasse. Großer Stoff, eine super spannende Nase und dann am Gaumen so eine Naturgewalt. Lässig!

Und hier findet ihr den Wein
Die Weine von Michael Wenzel sind nicht ganz so einfach zu bekommen, weil kleine Menge und immer schnell vergriffen. Eine gute Auswahl des Sortiments findet ihr bei Lobenbergs und bei Weinskandal. Vom Analogue N°03 gab es insgesamt nur knapp 400 Flaschen, die meisten sind leider schon weg, aber wir haben noch zwei Onlineshops gefunden die ihn noch vorrätig haben: Einerseits der Weinhandel Wild für 30€ und andererseits 8greenbottles für rund 35€.

Das können wir noch empfehlen…
Wo Michael Wenzel draufsteht ist oftmals Furmint drin. Auf jeden Fall ist immer grandioser Wein drin, wir können wirklich alles empfehlen was wir so verkosten durften. Besonders erwähnt seien hier nochmal alle Ausprägungen des Furmint: Vom Furmint aus dem Quarz bis hin zu den neuen Varianten wie Stockkultur und Alte Reben auf die wir schon sehr gespannt sind. Ebenfalls super: Die juicy Linie „Wild & Free“ mit dem Grauburgunder Voodoo Child oder dem Blaufränkisch-Pinot-Spaßwein Fränk.

Podcast-Folge Nr. 59
Unsere Podcast-Folge zum Furmint Analogue N°3 von Michael Wenzel könnt ihr überall hören, wo es Podcasts gibt – zum Beispiel direkt hier oder bei Spotify.